loading
deutschenglish

WRC, Schweden-Rallye

11. bis 14. Februar 2016
Stnr. 16: Henning Solberg (NOR)/Ilka Minor (AUT) Ford Fiesta RS WRC
Platz 7

VOLLGAS-COMEBACK BRINGT SECHS WM-PUNKTE

Ilka Minor erzählt von ihrem spannenden Comeback in der Rallye-Weltmeisterschaft: Pilot Henning Solberg konnte bei der Schweden-Rallye eindrucksvoll beweisen, dass er immer noch schnell unterwegs ist. Das norwegisch-österreichische Duo konnte schließlich den tollen siebten Platz belegen.

„Als wir mit der Besichtigung der Sonderprüfungen loslegten, haben wir auch Leute getroffen, die uns herzlich begrüßt haben – Henning kennen in der Gegend ohnehin alle, da er ja in der Nähe wohnt und die Prüfungen zum Teil auch auf norwegischem Boden abgehalten wurden. Aber ich war erstaunt, dass ich offenbar auch in Schweden einen kleinen Fanklub habe. Sie wussten, dass es meine zehnte Schweden-Rallye ist – ich habe dann nachgesehen und es stimmt, es war bereits meine zehnte Schweden-Rallye“, erinnert sich Ilka Minor an die Tage vor dem Start der Schweden-Rallye.

Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht hundertprozentig sicher, dass die Rallye überhaupt stattfinden kann und wie viele Prüfungen letztendlich gestrichen werden müssen. Die ungewöhnlich warmen Tage vor der Veranstaltung sorgten nicht nur dafür, dass es diesmal keine Schneewände gab – es drohte auch das Eis aufzubrechen. Dann hätten die weltbesten Rallyepiloten mit Spikereifen auf Schotter fahren müssen. Einige Fahrer haben Gerüchten zufolge sogar an einen Streik gedacht, Weltmeister Sebastien Ogier beispielsweise setzte sich vehement für eine Absage ein.

Ganz anders Henning Solberg und Ilka Minor – die beiden wollten unbedingt fahren, schließlich lag ihr letzter gemeinsamer Auftritt in der Rallye-Weltmeisterschaft ein volles Jahr zurück, bei der Schweden-Rallye 2015. Ilka erzählt: „Henning und ich wollten unbedingt fahren. Die Veranstalter waren auch zuversichtlich, sie hatten eine Wetterprognose, wonach in der Nacht vor dem Start Minusgrade herrschen werden und damit zumindest ein Teil der Prüfungen absolviert werden können. So ist es dann auch gekommen.“

„Henning wollte zeigen, wie schnell er noch immer ist“

Weil wegen des Wetterchaos auch der Shakedown gestrichen wurde, blieb Henning Solberg nur noch eine minimale Eingewöhnungsmöglichkeit, wie Ilka erzählt: „Henning durfte im World Rally Car vor dem Servicepark einmal auf und ab fahren – das war alles.“

Somit wurde die erste Sonderprüfung, die 16,5 Kilometer lange SP „Torsby“ zum „Sprung ins kalte Wasser“. Erschwerend kam hinzu, dass der Ford Fiesta gleich nach dem Starten des Motors seltsam zu rauchen begann. All das konnte Henning nicht aus der Verfassung bringen, Ilka erzählt: „Ich habe gleich auf den ersten Metern gemerkt, dass Henning ganz sicher nicht langsam fahren möchte. Er wollte nicht nur einfach ins Ziel fahren. Er wollte vielmehr zeigen, dass er immer noch schnell genug ist. Es stellte sich auch sofort wieder dieses Gefühl ein, als wären wir schon ewig miteinander gefahren.“

Viele „Moments“ auf der „Mission“

„Moments“, heikle Momente also, habe es jedoch einige gegeben, erzählt Ilka: „Ja, davon gab es mehr als genug. Wir waren einfach ziemlich flott unterwegs.“ Zudem sorgte das rauchende Auto den gesamten Freitag für Rätselraten. Ilka erzählt: „Vor dem Start wurde der Turbo ausgewechselt, das Auto hat aber trotzdem den ganzen Tag geraucht. Auf der letzten Freitagsprüfung ist der Fiesta dann plötzlich nur noch 60 km/h gefahren, über 2,5 Kilometer sind wir so dahingezuckelt. Plötzlich machte es ‚Plop‘ und wir konnten wieder ganz normal Gas geben.“

Ilka fügt hinzu: „Auf dieser Prüfung stand der gestrandete Jari-Matti Latvala, er hat uns nachher erzählt, man hätte mit freiem Auge sehen können, dass wir auf einer ‚Mission‘ unterwegs gewesen seien.“ Mit einer „Mission“ meinen Rallyefahrer freilich nichts Religiöses – Latvala brachte zum Ausdruck, dass der Wagen von Solberg/Minor besonders schnell durch die Kurven flog.

Ilka Minor kann das nur bestätigen – eine ganz bestimmte Kurve hätte das Duo Solberg/Minor dann beinahe abgeworfen: „Henning wollte eine Kurve, die wir nie mit ‚Flat out‘, also Vollgas bezeichnet haben, ganz bewusst voll probieren, das wäre beinahe in die Hose gegangen – wenn wir dort abgeflogen wären, dann hätte das Auto schlecht ausgesehen. Henning selbst war so erschrocken, dass er die Ansage der nächsten Kurve nachfragen musste. Im Ziel dann meinte ich ironisch: ‚Das war jetzt wirklich sehr lustig!‘ Henning meinte nur, dass er ‚also scared‘ gewesen sei. Ansonsten jedoch hat es mir richtig Spaß und Freude bereitet, diesen ‚alten Mann‘ so schnell fahren zu sehen.“

Platz 7 und sechs WM-Punkte

Wie ernst es dem 43-jährigen Norweger bei seinem WM-Comeback war, konnte man vom ersten Meter an auch an den Zeiten ablesen. Am Ende des ersten Tages lagen Solberg/Minor bereits auf dem siebten Platz, und schon zu diesem Zeitpunkt lag der neue Citroen-Werkspilot Craig Breen nur wenige Sekunden hinter dem norwegisch-österreichischen Duo. Der Ire hat die gesamte Rallye über Druck gemacht, Ilka sagt: „Craig ist zwar schon länger im Rallyesport dabei, doch er fuhr in Schweden zum ersten Mal mit einem World Rally Car und er hat sich gut geschlagen.“ Vor der letzten Prüfung am Sonntag lag Breen nur 3,6 Sekunden zurück – doch Solberg gab noch einmal kräftig Gas, sodass er den Vorsprung sogar um eine Sekunde vergrößern konnte.

Highlights waren für Solberg und Minor sicher die viertschnellste Zeit auf der 18,5 Kilometer langen SP 8 „Röjden“ sowie die fünftschnellste Zeit auf den Prüfungen SP 12 und SP 17. Am Ende jedenfalls konnte das Duo Henning Solberg und Ilka Minor den grandiosen siebten Platz und damit auch sechs verdiente WM-Punkte bejubeln. Henning Solberg liegt nun auf Platz zehn der Fahrerwertung, in der Copilotenwertung der WRC liegt Ilka Minor damit auf Rang elf.

Mineralwasser und 100%-Beef

Wer nun glaubt, Henning und Ilka hätten am Sonntagabend bei einer Party ausgiebig gefeiert, der irrt gewaltig. Ilka erzählt: „Ich habe mich noch von Henning und M-Sport-Teamchef Malcolm Wilson verabschiedet, dann stieg ich in den Bus der österreichischen Reiseveranstalter Rallytravels und fuhr mit ihnen nach Oslo. Dort saß ich dann alleine in meinem Hotel und habe mir ein Glas Mineralwasser und ein hundertprozentiges Beef aus Norwegen gegönnt. Ich bin dann zeitig schlafen gegangen, denn schon früh am Morgen ging mein Flug nach Wien.“

Ob man Henning Solberg und Ilka Minor bald wieder auf der WM-Bühne sehen wird, kann Ilka Minor nicht beantworten. Henning Solberg meinte auf diese Frage im WRC-Rallyeradio süffisant: „Wenn mich Malcolm Wilson liebt, gibt er uns wieder ein Auto – und wenn nicht, dann nicht.“

WRC, Schweden-Rallye
11. bis 14. Februar 2016
Stnr. 16: Henning Solberg (NOR)/Ilka Minor (AUT) Ford Fiesta RS WRC

WM-COMEBACK MIT HENNING SOLBERG

Gemeinsam mit Henning Solberg gibt Ilka Minor am Wochenende ein Comeback in der Rallye-Weltmeisterschaft: Bei der Schweden-Rallye zündet das norwegisch-österreichische Duo ein privat eingesetztes Ford Fiesta RS World Rally Car.

Nach exakt einem Jahr Pause kehrt Ilka Minor zurück in die Rallye-Weltmeisterschaft: Am kommenden Wochenende wird die in Wien lebende Copilotin an der Seite von Henning Solberg in einem privat eingesetzten Ford Fiesta RS WRC die Schweden-Rallye absolvieren.

Auch für Solberg wird es der erste WM-Auftritt nach dem gemeinsamen Schweden-Start im Vorjahr sein – für den Norweger und die Österreicherin steht damit der insgesamt sechste gemeinsame Start bei der Schweden-Rallye auf dem Programm: 2010 erreichte das Duo mit Platz sechs das bislang beste Ergebnis bei dieser Veranstaltung, 2011 sah man nach einem Unfall keine Zielflagge, 2012 und 2014 belegte man jeweils Platz sieben, im Vorjahr Platz zwölf.

Einen Test, um sich wieder im rund 300 PS starken World Rally Car zu akklimatisieren, gab es nicht – Solberg und Minor müssen sich mit dem 4,3 Kilometer langen Shakedown begnügen, um wieder ein Gefühl für die höchste Spielklasse der Rallye-Weltmeisterschaft zu erlangen. Die Sonderprüfungen rund um Hagfors und in Norwegen werden meist nur geringfügig geändert, so kann zumindest in punkto Streckenführung auf Vertrautes gesetzt werden.

„Nichts zum Anlehnen“

An und für sich gilt die Schweden-Rallye als traumhafter Schnee-Event. Doch erste Bilder von den Sonderprüfungen sorgten bei Ilka für Ernüchterung: „Es gibt leider nur sehr wenig Schnee. Zwar sind die Straßen vereist, aber man kann sich nirgends anlehnen.“ Der Hintergrund: Die Schweden-Rallye ist weltberühmt für ihre Schneewände, jene an der Kurvenaußenseite nützen die Piloten, um sich tatsächlich anzulehnen. Man könnte also sagen: Mutter Natur bietet den weltbesten Rallyepiloten quasi ein „schützendes Händchen“ an, um die Kurven noch schneller nehmen zu können. Diesmal jedoch wird es diese Möglichkeit nicht geben – für „Speedfreaks“ wie Ilka Minor eine herbe Enttäuschung: „Klar – denn ohne Schneewand nimmst doch ein Bisschen vom Speed raus.“
Dass die Straßen vereist, zum Teil spiegelglatt sind, stellt jedoch vorerst kein Problem dar: „Wir fahren mit Spikes und haben damit auch auf Eis keinerlei Haftungsprobleme. Blöd ist es nur, wenn das Eis bricht – dann fährst du auf Schotter und reißt dir dabei schnell die Spike-Nägel aus den Reifen. Wenn dann weitere Sonderprüfungen auf Eis zu fahren sind, hast du Pech gehabt. Allerdings ist das dann ein Problem, das alle haben.“

Freude auf das Wiedersehen

Auf Ilka Minor wartet eine anstrengende Woche: Am Montag fliegt sie nach Karlstad, um noch am gleichen Tag die Administrative Abnahme zu bewältigen, am Dienstag und am Mittwoch werden die Strecken besichtigt, am Donnerstag wird der Shakedown gefahren, abends um 20 Uhr wird die Rallye mit einer Zuschauerprüfung in Karlstad eröffnet. Freitag und Samstag wird zeitig in der Früh losgefahren, die letzten Prüfungen steigen dann bereits bei Dunkelheit. Ilka sagt: „Das sind richtig lange Tage – man wird wohl um 4.30 Uhr aufstehen müssen und vor 22 Uhr kommt man garantiert nicht ins Bett.“ Am Sonntag stehen die letzten vier Sonderprüfungen auf dem Programm, um 12.08 Uhr wird die abschließende Powerstage in Angriff genommen.

Wenn Ilka am Montag in den Flieger steigt, freut sie sich auf ein Wiedersehen mit dem WM-Zirkus, auch wenn aufgrund des meist eng gesteckten Zeitplans kaum echte Freundschaften entstehen können. Ilka nickt: „Ich freue mich natürlich schon sehr darauf, sie alle wiederzusehen – ganz besonders freue ich mich auf rund eine Handvoll Menschen, die mir ganz besonders ans Herz gewachsen sind. Das ist ein bunter Mix: Leute aus den Teams, Beifahrerkollegen, Fotografen und Medienvertreter.“ Mit einigen von ihnen ist Ilka ohnehin laufend in Kontakt – nicht alle werden also jene Frage stellen, die oft nur schwer mit einem Satz zu beantworten ist: „Wie geht es dir?“